Reisen macht gleich oder Einkaufen in und aus Berlin

Es gibt viele Gründe, ökologisch erzeugte Nahrungsmittel zu kaufen. Die einfachsten sind vielleicht der Geschmack und auch die Frische bei regional erzeugten Produkten ohne lange Transportwege. Dafür ist man dann gern bereit, selbst etwas weiter zum Einkaufen zu fahren. Damit ich Produkte bekomme, die nicht endlos weit transportiert wurden, muss ich erstaunlicherweise selbst etwas weiter unterwegs sein. Beim Supermarkt um die Ecke, und mein Weg bis zum nächsten Supermarkt beträgt etwa 200 m, bekomme ich Nahrungsmittel, die quer durch Europa kutschiert bzw. um die halbe Welt geflogen wurden, bevor sie mir quasi direkt vor der Nase zum Verkauf angeboten werden.

Um regional erzeugte Öko-Nahrungsmittel zu kaufen, setze ich mich erst in die U-Bahn und bin ca. ½ Stunde unterwegs, bevor ich dann auf dem Ökomarkt stehe. Die Marktstände befinden sich auf dem Hof einer landwirtschaftlichen Domäne, und alles sieht so richtig nach Bio aus. Als ich heute am Gemüsestand erwähnte, dass die Zwiebeln, die ich in der letzten Woche gekauft hatte, innen teilweise verfault gewesen waren, sagt mir der Verkäufer, der nicht nur Verkäufer ist, sondern auch selbst im Gartenbau tätig ist, ja, in der letzten Woche da kamen die Zwiebeln noch aus Ägypten, in dieser Woche ist es aber Ware aus Brandenburg, nehmt Euch einfach Welche, braucht Ihr nicht zu bezahlen. So kulant diese Entschädigung auch war, wurde mir doch klar, dass dieses ganze dörfliche Drumherum zumindest für die Zwiebeln in der letzten Woche nur Deko war, Öko-Kulisse sozusagen. Spitz- und Chinakohl aus Spanien, Ingwer aus China und Broccoli aus Italien werden dem Großstädter in der dörflichen Idylle des heimischen Ökomarktes dargeboten. Vielleicht ist es sogar dieselbe Ware wie im Supermarkt um die Ecke. In jedem Fall ist man hier bereit, mehr Geld für die Ware zu bezahlen, da man glaubt, es handele sich um ökologisch erzeugte Produkte. Der Spargel, die Radischen, der Salat, der Spinat, die Möhren, der Rhabarber usw. kommen ja tatsächlich aus der Region. Aber tun sie das nicht auch im Supermarkt? Andererseits muss ich natürlich auch Verständnis für die Gemüsebauern haben, die auf ihren Ständen auch Südfrüchte, Bananen und außerhalb der hiesigen Saison Tomaten, Auberginen, Zucchini vom Großmarkt bzw. aus anderen Ländern anbieten, denn wer würde im Winter schon zu dem Markt kommen, wenn es dort nur Kohl, Möhren und Äpfel gäbe? Und wie andererseits sollte sich der Verkauf lohnen, wenn nur die eigenen Produkte angeboten werden? Früher sah man dem Ökogemüse das Öko noch an. Das ist wie beim Recycling-Papier. War es gelb, hatte man ein gutes Gewissen. Heute ist das Recycling Papier genauso strahlend weiß wie das non-Recycling Papier, und keiner muss sich mehr für weißes Papier schämen. Genauso ist das mit dem Gemüse. Früher sah man dem Öko-Gemüse an, dass es gewachsen war, während das Supermarkt Gemüse als Serienprodukt daherkam. Das ist, wenn man das Ökogemüse direkt auf dem Hof kauft, heute immer noch so. Doch je länger die Anreise des Gemüses auf den Ökomarkt ist, desto weniger unterscheidet es sich von einem Produkt der konventionellen Landwirtschaft. Reisen macht gleich, könnte man sagen. Für den Konsumenten erscheint „Bio“ dann nur als ein alternativer Vermarktungskanal für das gleiche Produkt.

Doch genug der ökologisch korrekten oder nicht ganz korrekten Denke, kommen wir zum Genuss: Spargelzeit! Es gibt ihn schon seit einigen Wochen, doch am Anfang der Saison ist er einfach zu teuer. Er ist immer noch teuer, doch die Saison ist kurz, und wenn man ihn jetzt nicht kauft isst man ihn nie.

Einkauf am 16. Mai 2015.  Von den Anbietern selbst angebautes Gemüse, regionale Erzeugnisse aus Brandenburg und „EG-Bio“ liegen hier einträchtig nebeneinander.
Einkauf am 16. Mai 2015. Von den Anbietern selbst angebautes Gemüse, regionale Erzeugnisse aus Brandenburg und „EG-Bio“ liegen hier einträchtig nebeneinander.

Eigentlich wollten wir auch eine Wassermelone kaufen. Doch ich lernte, die Qualität kann man dadurch testen, dass man die Melone zwischen beiden Händen etwas zusammendrückt und dabei ans Ohr hält. Sie sollte dann knirschen. Na ja, und weil keine der Melonen geknirscht hat, haben wir dann auch keine gekauft. – Eine andere Technik des Wassermelone Testens besteht darin, einfach an der Melone zu klopfen. Klingt sie mit einem hellen weichen Klang ist sie perfekt, ansonsten kauft man sie nicht.

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